«Was macht eigentlich...» ein/e Radioprediger/in?

Gepredigt wird normalerweise in der Kirche. Doch 18 reformierte und katholische Pfarrerinnen und Pfarrer halten ihre Reden auf Radio SRF 2 Kultur sowie SRF Musikwelle. Einer dieser «Auserwählten» meint: Predigen am Radio ist um einiges anspruchsvoller als das Predigen vor einer Kirchgemeinde.

«Liebe Hörerin, lieber Hörer», erklingt es am Sonntagmorgen auf Radio SRF 2 Kultur. Eine Männerstimme spricht über die Konfirmation, über junge Menschen, die grosse Erwartungen an den Übergang ins Erwachsenenleben haben. Gegen Ende folgen Fragen: «Trauen wir Gottes Segen? Wie spielen unser Gott- und unser Selbstvertrauen zusammen?» Beantwortet werden die Fragen nicht, sie bleiben offen für eigene Gedanken. Dann der Schlusssatz: «Ich wünsche Ihnen den Frieden Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft und unsere Herzen und Gedanken bewahrt in Christus Jesus. Amen.»

Radio ist zeitaufwändig

Die Männerstimme aus dem Radio, sie gehört dem evangelisch-reformierten Pfarrer Peter Weigl aus Windisch. Fünf Mal im Jahr spricht er für Radio SRF eine Sonntagspredigt von etwa zehn Minuten ein. Er tut dies seit drei Jahren. Für die Radiopredigten nimmt er sich besonders viel Zeit. Normalerweise verschlingen Vorbereitungen für seine Reden an den Sonntagsgottesdiensten etwa einen Arbeitstag. Für das Radio sind es zwei oder gar drei Tage: «Ich feile bei den Radiotexten viel mehr an der Rhetorik. Weil ich keinen Augenkontakt zum Publikum habe, finde ich das umso wichtiger.» Er wisse ausserdem schon Wochen vor der Aufnahme, über welches Thema er predigen wird. «Der Text muss ‹gären›, erst dann wird er wirklich gut», erklärt der 46-Jährige.

Testläufe in der Kirche

Zum Radio kam Weigl durch Zufall: Er nahm an einer Liturgik-Weiterbildung teil und wurde danach gefragt, ob er sich nicht für das Casting der SRF-Radioprediger/innen melden möchte. Das hat er getan und sich durchgesetzt. Danach folgte ein zweitägiger Ausbildungskurs und seither spricht der Pfarrer aus Windisch nicht mehr «nur» zu seiner Kirchgemeinde, sondern zur ganzen Schweiz. «Ich stelle grundsätzlich hohe Ansprüche an mich, aber seit ich am Radio predige, bin ich noch selbstkritischer geworden», sagt Weigl. So käme es auch mal vor, dass er mit einer Radiopredigt einen Testlauf in der Kirche mache: «Dort habe ich eher das ‹Gspöri› dafür, was ankommt. Auch sehe ich sofort, an welchen Stellen die Leute reagieren und wo nicht. Bei manchen Absätzen denke ich nämlich zu Hause: ‹Das esch sauglatt!› Aber merke dann in der Kirche, dass es nicht funktioniert.»

Nächstes Thema steht schon

Worüber Weigl in drei Monaten am Radio predigen wird, weiss er jetzt schon. Dann nämlich ist der schweizweite Flüchtlingssonntag. Weigl will die Geschichte der Aussendung der 72 Jünger in die Neuzeit holen und zwar aufgehängt an der aktuellen Flüchtlingswelle. «In Lukas 10 geht es um Schafe, die unter Wölfe geraten. Ist das mit den Menschen auf der Flucht ähnlich, oder wurden sie gar von Gott zu uns gesandt?», fragt Weigl grüblerisch. Es sind noch Gedankenspiele, nichts Konkretes. Der Text wird sich in den nächsten paar Monaten wohl noch oft wandeln bevor der Pfarrer wieder vor dem SRF-Mikrofon steht.

In die Radiopredigt von Peter Weigl vom Sonntag, 20. März 2016 könnt ihr auf der Website von Radio SRF 2 Kultur reinhören.

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