«Schreiben ist Fleissarbeit»

Auf ihrer Facebookseite rief die SRG.D angehende Drehbuchautoren und –autorinnen auf, Drehbuchskizzen einzureichen. Zu gewinnen gab es ein Meet&Greet mit dem renommierten Schweizer Drehbuchautor Dave Tucker (u.a. «Sonjas Rückkehr» und «Der Bestatter»). Beim persönlichen Treffen mit Gewinnerin Martina Momo Kunz gab Tucker sein fundiertes Wissen weiter und verriet Tipps und Tricks für den Schreib-Alltag.

«Schreiben ist eine einsame Sache», macht Drehbuchautor Dave Tucker (Bild rechts) der Gewinnerin des Meet&Greet, Literaturstudentin Martina Momo Kunz (Bild links), gleich zu Beginn klar. Zwar gebe es beim Drehbuchschreiben regelmässigen Austausch mit den Regisseuren und Produzenten. Den Hauptteil der Arbeit – bei der neuen SRF-Krimiserie «Der Bestatter» immerhin rund vier Wochen Schreibarbeit pro Folge – hat der Autor aber alleine am Schreibtisch zu bewältigen. Vor Schreibblockaden ist dabei auch ein Profi wie Dave Tucker nicht gefeit. Manchmal kämen ihm die gute Ideen zwar in unerwarteten Augenblicken, wie beispielsweise in der Badewanne, beim Spiegeleier braten oder im Halbschlaf. Meistens aber sei Schreiben aber auch für ihn reine Fleissarbeit, so Tucker. «Da gilt es: Hinsetzen und schreiben». Als Tipp gegen Schreibblockaden könne er Martina Kunz daher in erster Linie ein Zitat von Susan Sontag ans Herz legen: «Write ugly, write bullshit, but write».

Filmemacher mit Leib und Seele

Wie aber wird man überhaupt Drehbuchautor? «Mit der Lust am Erzählen, der Liebe zum Film und viel Durchhaltevermögen», verrät Tucker. Der Königsweg sei jedoch die Filmhochschule. Denn: «Wir sind keine Schriftsteller, sondern Filmemacher», betont Tucker. Es seien daher auch die Schauspieler, welche die Figuren erst zum Leben erwecken. Dies zu erleben sei der magische Moment schlechthin und Lohn für einsame Schreibstunden.

Dass der Zürcher mit Leib und Seele Filmemacher ist, zeigt sich auch, als während des Gesprächs ein Trailer des Katastrophenfilms «2012» über einen Bildschirm im Hintergrund flimmert. Tucker kommt ins Stocken, bricht seine Ausführungen ab, starrt wie gebannt auf den Bildschirm und vergisst für einen Moment alles um ihn herum. Nach einigen Sekunden wird er sich seiner Abwesenheit bewusst und entschuldigt sich schmunzelnd: «Sorry, ich konnte mich diesem Bild gerade nicht entziehen».

Ausserdem beweist Tucker sein Talent als wandelndes Film-Lexikon. Zu jedem Stichwort, zu jeder Idee, zu jedem Bild fällt ihm sogleich ein passender Filmtitel ein. Martina Kunz notiert fleissig – die nächsten paar Abende wird sie wohl damit verbringen, sich all die Filmtipps anzuschauen und Ideen und Inspiration für ihr eigenes Drehbuch zu holen.

Kenne deine Figuren in- und auswendig

Die Drehbuchskizze der Gewinnerin hat sich Dave Tucker im Vorfeld des Treffens sehr genau angeschaut. Seine Notizen und Anregungen füllen die folgenden zwei Stunden des Gesprächs. Er macht Martina Kunz aber von vornherein auch deutlich, dass sie sich für ihren Erstling «gleich die schwierigste aller Gattungen» ausgesucht habe. Denn Martina Kunz möchte nicht irgendein Drehbuch schreiben, sondern eines mit «Multiplot». Das heisst, gleich mehrere Protagonisten sollen im Mittelpunkt der Handlung stehen – ein äusserst schwieriges Unterfangen. Denn der Multiplot sei die am häufigsten scheiternde Form, macht Tucker deutlich. Deshalb rät ihr der Drehbuch-Profi dringend, sich auf eine Hauptfigur zu konzentrieren.

Durchhaltevermögen und Glück gefragt

Stehen das Grundkonzept und die Wahl des Hauptprotagonisten fest, gelte die goldene Regel: «Liebe deine Figuren und führe sie in Bedrängnis». Und: «Kenne deine Figuren in- und auswendig, nur dann kannst du sie führen.» Dies gelte auch für den Bösewicht der Geschichte. Denn: die langweiligste Figur in einem Film sei «ein Bösewicht, der böse ist, weil er böse ist», führt Tucker weiter aus.

Doch beim blossen Verraten von Tipps und Tricks bleibt es nicht. Dave Tucker überreicht Kunz zum Schluss der Gesprächs sogar die Koordinaten einer Schweizer Produktionsfirma, bei welcher sie das fertige Drehbuch einreichen soll. Diese Firma ist nach der Ansicht und Erfahrung Tuckers am besten für die Verfilmung ihres Drehbuchs geeignet sei.

Doch bevor der Film von Gewinnerin Martina Kunz über unsere Bildschirme flimmern wird, braucht es noch viele einsame Schreibstunden, viel Durchhaltevermögen – und eine grosse Portion Glück. Toi toi toi!

Text und Bilder: SRG.D/Jasmin Rippstein

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