Genfer Inlandkorrespondentinnen: Newsjunkies mit Verkaufsflair

Von Genf aus, auf der anderen Seite des Röstigrabens, arbeiten zwei Inlandkorrespondentinnen für SRF, das seinen Sitz in Zürich hat. Wie ihr Alltag aussieht, warum Genf in der Zürcher Redaktion ab und zu vergessen geht und was die beiden an ihrem Standort und ihrer Arbeit so spannend finden, erfährst du hier.

«In unserem Job musst du einfach auf alles gefasst sein», bringt es Alexandra Gubser (Bild links), TV-Korrespondentin Westschweiz, gleich zu Anfang auf den Punkt. Deshalb gäbe es auch Schminkutensilien, eine Bluse und einen Blazer stets griffbereit in ihrer Redaktion, falls eine kurzfristige Live-Schaltung auf dem Plan steht. «Zwar wohnen wir beide in Genf, aber wenn was passiert, zählt jede Minute, schliesslich ist unser Einzugsgebiet recht gross», ergänzt ihre Kollegin Mirjam Mathis (Bild rechts) und Gubser weiter: «Bei sogenannten ‹breaking news›, zum Beispiel wenn ein entführtes Flugzeug im Anflug auf Genf oder eine grosse Seilschaft am Mont Blanc verunglückt ist, schnappen wir uns einen Kameramann, springen ins Auto und fahren los.»

Aktualität bestimme ihren Alltag und wenn diese mal nicht vorhanden ist, dann würden die beiden zu regelrechten Verkaufstalenten mutieren, erklärt Gubser schmunzelnd: «Wir gehen raus, suchen eine Geschichte und gleisen diese dann selbstständig auf. Dann ziehen wir von Redaktion zu Redaktion und versuchen die Story zu verkaufen. Denn die Probleme von Genf sind Probleme einer Grossstadt, da interessiert Zürich längst nicht alles.» Genf sei trotzdem ein sehr reizvoller Ort für den Posten als Inlandkorrespondentin, meint Mathis: «Die anderen ‹Inlandkorris› haben vor allem regionale Themen und hier in Genf gibt es auch Berichterstattungen über die UNO oder die WHO. Das macht diesen nationalen Job zu einem internationalen.»

Eine Stelle auf Zeit

Wie hat es denn eine Zürcherin (Gubser) und eine Innerschweizerin (Mathis) nach Genf verschlagen? «Ich war vorher Tagesschau-Reporterin und immer häufiger als Produzentin im Einsatz. Nach einer gewissen Zeit fühlte ich mich zu sehr an den Schreibtisch gebunden und wollte wieder hinaus, um Geschichten zu erzählen und Beiträge selbst zu realisieren. So kam ich nach Genf.» Das ist jetzt drei Jahre her, anders als bei Mathis: «Ich bin erst seit sechs Wochen hier und habe vorher die zweijährige Stage beim SRF absolviert.» Es gäbe kein Patentrezept für den Weg zur Inlandkorrespondentin. «Grundsätzlich muss man einfach neugierig sein, Fragen stellen, keine Berührungsängste haben und Grund- sowie Sprachkenntnisse der Region besitzen», sind sich beide einig. Doch der Inlandkorrespondentenjob beim SRF ist endlich. «Normalerweise dauert die Verpflichtung vier Jahre, danach muss man sich etwas anderes suchen», erklärt Gubser, die nun einen Posten im Ausland anstrebt.

Kaum Privatleben, aber eine dicke Katze

Das Leben einer Inlandkorrespondentin ist stressig: Tagtäglich 24 Stunden Erreichbarkeit, ein hohes Mass an Flexibilität, ein stets «up-to-dates» Allgemeinwissen über Land sowie Region. Folglich sind Stressresistenz und eine hohe Koffeinschwelle, vor allem an langen Tagen, unausweichlich. Hat da eigentlich ein Privatleben auch noch Platz? «Nein, von dem kannst du dich verabschieden!», scherzt Gubser und meint weiter: «Man braucht einfach ein sehr verständnisvolles privates Umfeld und eine Katze, die dick genug ist, um auch mal zwei Tage ohne Futter zu überleben.»

Worin besteht denn der Reiz, diesen Beruf, trotz aller Nachteile, so leidenschaftlich tagtäglich auszuüben? «Die Erwartungen und Wünsche der Zürcher Redaktionen an den Genfer Korrespondentenposten sind zwar hoch, doch wir haben dennoch viele Freiheiten, und kein Chef schaut uns permanent auf die Finger», betont Gubser und Mathis meint: «Die Themen sind extrem abwechslungsreich. Einmal machen wir etwas für die Tagesschau, einmal produzieren wir für Glanz und Gloria.» Es seien die Begegnungen mit Menschen, die beide so faszinieren und Orte zu sehen, wo man sonst nicht hinkommt. Da mache es auch nichts, wenn der Tag mal wieder länger werde, versichert Gubser: «Was soll ich sagen? Wir sind eben beide Newsjunkies!»

Text: Selina Berner
Bild (v.l.): Alexandra Gubser und Mirjam Mathis im RTS-Gebäude in Genf mit Blick auf die Stadt (© Selina Berner)

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