«Mein Senf»: Von Reportagen und Goldsuchen

In der Rubrik «Mein Senf» lassen wir jeden Monat jemand Junges zu Wort kommen. Dieses Mal erzählt Videojournalist Florian Schweer (25), was Dokumentarfilme mit der Goldsuche in der Limmat gemeinsam haben.

«Dokumentationen und Reportagen sind meine Leidenschaft. Das sieht man nur schon bei meiner Fernsehsenderliste. Auf der Eins der Fernbedienung ist SpiegelTV programmiert, gefolgt von Discovery Channel und BBC Knowledge. SRF 1 und SRF zwei folgen praktisch für den Daumen auf vier und fünf. Als Zuschauer in fremde Welten und Fragestellungen einzutauchen und als Filmemacher selber mit Menschen und Tieren zu arbeiten, um berührende und unterhaltende Geschichten zu erzählen, erfüllt mich. Mit Dokumentarfilmen und Reportagen aber Geld zu verdienen, ist etwa gleich ertragreich wie eine Goldsuche in der Limmat. Das sagen nicht nur die verfügbaren Zahlen auf dem Markt, nein, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Viele freischaffende Filmemacher müssen eigene finanzielle Mittel in die Hand nehmen, sich mit anderen Filmaufträgen aus der Privatwirtschaft quer-subventionieren oder den Marathonlauf durch NGO’s, staatliche Fördergelder, Stiftungen und Fonds auf sich nehmen. Den administrativen Aufwand dafür, den bezahlt dir natürlich keiner. Und trotzdem würde ich nie aufhören, Geschichten zu realisieren. Denn nichts bereichert das Leben mehr als das Neue. Und so sitze ich immer wieder mit einem selbstbezahlten Flugticket in einem Flugzeug auf die Kapverdischen Inseln, nach Istanbul oder in Richtung Mumbai und mache mich mit meiner Kamera auf die Suche nach Menschen und ihren Geschichten.

Was alle Dokfilmer gemeinsam haben, ist, dass sie viel Zeit und Herzblut investieren und wenig Ruhm erhalten.

Für alle Daheimgebliebenen sind Dokumentarfilme ein Tor zur Welt. Sie ermöglichen dem Publikum den Zugang zu fremden Ländern und Kulturen, bringen ihnen Menschen näher, die eindrückliche Geschichten erlebt haben, oder lassen sie auch in altbekannten Welten Neues entdecken – und das alles vom heimischen Sofa aus. Gerade weil Dokumentarfilme so viel vermitteln können, ist es von grossem Wert, dass Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) die finanziellen Möglichkeiten, den Auftrag und auch den Willen hat, solche Geschichten auch aus Schweizer Sicht und mit Schweizer Machern zu erzählen. Zusammen mit den eingekauften Produktionen aus aller Welt ergibt sich ein vielfältiger und farbiger Themenmix. Darin hat die aufwändige exotische Naturdokumentation aus dem Herzen Afrikas von BBC genauso ihren Platz wie das hauseigene Format «Netz Natur» mit der Geschichte des jungen Hirschkalbs im Schweizer Nationalpark oder ein Blick in das Leben von Musik-Urgestein Polo Hofer.

Egal ob Naturdoku, Porträt oder gesellschaftskritischer Film: Was alle Dokfilmer gemeinsam haben, ist, dass sie viel Zeit und Herzblut investieren und wenig Ruhm erhalten. Kaum einer der Zuschauerinnen und Zuschauer kennt die Namen oder gar die Gesichter der Filmschaffenden; derjenigen einfühlsamen Personen, die meist alleine mit einer Kamera über Stunden und Tage, ja oft auch Monate oder Jahre mit Protagonisten verbringen. Umso erfreulicher zu sehen ist es, was SRF vormacht. Für die neuste Reisereportagen-Reihe mit Sven Furrer gab es beispielsweise viel «Making-of»-Material auf Social Media und sogar einen Event, an welchem die Macher aus dem Nähkästchen plauderten. Erst in solchen Momenten wird einem Zuschauer richtig bewusst, wie viel Arbeit und Zeit hinter einem 42-minüten Beitrag steckt und wie viel Herzblut die Filmer in ihre Projekte investieren. Ein erster Schritt ist also getan. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass mit neuen Online Kanälen, günstigeren Kameras und einfacherer internationaler Vernetzung das Feld für freie Filmemacher auch etwas ertragsreicher wird.»

In der Rubrik «Mein Senf» lassen wir immer mal wieder jemand Junges zum aktuellen Themenschwerpunkt zu Wort kommen. Alle bisher publizierten «Senf»-Texte findest du unter: #meinsenf

Text: Florian Schweer
Bild: zVg.

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