«Was macht eigentlich...» ein/e Publikumsrat/rätin?
Bei privaten Sendern kontrolliert die Quote das Angebot. Aber wer kontrolliert eigentlich bei SRF, dass die Qualität stimmt? Diese Aufgabe hat unter anderem der Publikumsrat. SRG Insider hat die Publikumsrätin Eliane Boner getroffen.
Seit sieben Jahren ist Eliane Boner (29) Publikumsrätin und bewertet in dieser Funktion einmal im Monat verschiedene Sendungen sowie Online-Angebote von SRF. «Nichts gegen Bachelor und Co., aber ich will kein TV-Programm, das nur aus solchen Sendungen besteht. Ich denke, wir brauchen in unserem Land Angebote, die nicht nur nach der Quote tanzen. Zu glauben, dass die Mehrheit immer richtig liegt, scheint mir ein Trugschluss», sagt Eliane.
Als sie 2007 von Othmar Kempf, dem ehemaligen Präsidenten des Publikumsrats der SRG Deutschschweiz, angefragt wurde, sah sie ihre Chance, auf diesem Weg einen Einblick in die SRG zu bekommen. Auch nach sieben Jahren macht sie ihre Aufgabe immer noch mit der gleichen Begeisterung: «Ich bin überzeugt davon, dass der Publikumsrat eine wichtige und nötige Aufgabe hat.»
Alle sitzen im gleichen Boot
Der 26-köpfige Publikumsrat ist ein unabhängiges, beratendes Gremium, welches das Angebot von SRF mit seinen Feststellungen und Bewertungen begleitet. Die Räte versuchen dabei, kritisch-konstruktive Anregungen, aus Sicht der Konsumenten zu geben.
Der Publikumsrat tagt in der Regel elfmal pro Jahr. Jeder der 26 Räte gehört mehreren Arbeitsgruppen an, welche Themengebiete wie etwa Kultur, Sport oder Information abdecken. Innerhalb dieser Arbeitsgruppen schauen sich die Publikumsräte Sendungen nach einem gewissen Beobachtungsraster an. Anschliessend wird ein Einzelbericht verfasst, welcher vom Leiter der jeweiligen Arbeitsgruppe zu einem Gesamtbericht zusammengefasst wird. Bei der nächsten Tagung des Publikumsrats wird der Gesamtbericht mit den Programmverantwortlichen besprochen und diskutiert.
«Es geht nicht darum, Sendungen zu zerreissen», sagt Eliane. «Unsere Kritik soll konstruktiv sein und zu Verbesserungen führen. Sofern angebracht, finden wir aber durchaus auch mal härtere Worte.»
Jeder muss vertreten sein
«Ein grundsätzliches Medieninteresse muss vorhanden sein. Ein Publikumsrat hat eine genaue Vorstellung davon, wie Fernseh- und Radio-Programme sowie die Online-Angebote für ihn persönlich sein sollten und was er sehen will», erklärt Eliane. «Allerdings ist es auch wichtig, dass der Publikumsrat die Bevölkerung repräsentiert, weshalb die verschiedenen sozialen Hintergründe und Bildungsgruppen angemessen vertreten sein müssen.»
Eliane gehört zu den jüngeren Mitgliedern im Publikumsrat. Daher hat sie es sich zur Aufgabe genommen, die Sicht der Jungen zu vertreten. «Die Mediennutzung unserer Generation hat sich in den letzten Jahren sehr verändert», sagt Eliane. «Wir sind nicht mehr so stark mit der SRG aufgewachsen wie unsere Eltern. Dies stellt die SRG und damit die Angebote von SRF vor neue Herausforderungen.»
Mut ist wichtig
«Manchmal wünsche ich mir für die Schweiz einen Jan Böhmermann. Jemand der frech ist und auch Dinge tut, die anecken. Solange dabei das Niveau nicht verloren geht, frischt das ein TV- und Radio-Angebot enorm auf und holt uns junge Zuschauer und Hörer, so glaube ich zumindest, ab.» Als gutes Beispiel für eine non-konforme Sendung für Junge, sieht Eliane Virus TV. Sie schlügen zwar manchmal etwas über die Stränge, aber das sei auch gut so. «Allgemein fehlt es SRF aus meiner Sicht oft etwas an Mut. Lieber bleibt man beim Altbewährten und bedient weiterhin 50+ statt wirklich innovativ zu sein und Unkonventionelles zu wagen. Doch genau davon wünschte ich mir mehr und dafür setze ich mich im Publikumsrat auch ein.»
Hinweis: Im Bericht aus dem Mitgliedermagazin LINK (Ausgabe 2/2015) erhältst du zusätzliche Informationen zur Arbeit der Publikumsräte der SRG Deutschschweiz.
Text: Cinja Köhler
Titelbild: Imagopress / Patrick Lüthy
Porträt: Susanne Hefti
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