«Nachgefragt»: Welche Schweizer Filme werden von der SRG unterstützt?

Die Förderung von Schweizer Filmproduktionen ist, aus finanzieller Sicht, die gewichtigste Kulturförderung der SRG. Welche Kriterien müssen die Filmproduktionen erfüllen, um Unterstützung zu erhalten? Ist es gerechtfertigt, dass so viel Geld in diese Förderung fliesst? Wir haben mit Sven Wälti, Leiter der Abteilung Film der SRG und des Rahmenabkommens «Pacte de l'audiovisuel», gesprochen.

Finanzielle Unterstützung für alle Sprachregionen

Pro Jahr stehen rund 22 Millionen Schweizer Franken zur Verfügung. Diese werden unter SRF (Deutschschweiz), RSI (italienisch sprachige Schweiz), RTS (Westschweiz) und RTR (Rätoromanische Schweiz) aufgeteilt, ein Teil der Gelder bleibt in Bern. Hauptsächlich werden die Filmprojekte finanziell gefördert. In der Westschweiz erhalten die Produktionsfirmen je nach Projekt auch technische Dienstleistungen. Dies kann zum Beispiel der Bau einer Kulisse sein. Die SRG übernimmt nie die ganze Finanzierung dieser Projekte, sie agiert als Koproduzentin. Dadurch haben sie ein Mitspracherecht beim Drehbuch und der Entwicklung des Filmes. Zu betonen ist aber, dass es sich um unabhängige Filmprojekte handelt.

Fernsehproduktionen erhalten mehr Geld als Kinofilme

Wissenswert ist, dass nicht Filmschaffende Hilfe erhalten, sondern Produktionsfirmen, welche bei den Redaktionen Gesuche stellen können. Unterstützt werden nebst Spiel- und Dokumentarfilmen auch TV-Serien, Animationsfilme, Kurzfilme und multimediale Projekte*. Die verschiedenen Formate werden aber unterschiedlich gefördert. Am meisten Geld erhalten die Fernsehfilme und die -serien. Die Unterstützung der SRG beginnt bereits in der Entwicklung der Projekte und die Beteiligung anderer Förderer ist bei TV-Projekten tiefer. Bei einem Kinofilm unterstützt die SRG nur die Produktion, das heisst, das Projekt ist zum Zeitpunkt der Gesuchseingabe bereits produktionsreif.
Ein wichtiges Kriterium, um Unterstützung zu erhalten, ist Professionalität. Damit ist aber nicht jahrelange Erfahrung gemeint, sondern ein gut durchgeplantes Projekt, das sich wie in der Projekteingabe realisieren lässt. Welche Art von Film man drehen möchte, ist nicht entscheidend. Soll heissen, dass beispielsweise auch Abschlussarbeiten von Studenten unterstützt werden. Die Geschichte muss gut und überzeugend sein. Ist das Projekt inhaltlich spannend und die Planung realistisch, kann man bei Kinofilmen mit einer Unterstützung von rund 10-20% des Gesamtbudgets rechnen.

Filme visualisieren Geschichte

Nun bleibt noch die Frage offen, warum es sich lohnt, so viel Geld in diese Branche zu stecken. Der Marktanteil von Schweizer Filmen im Kino liegt momentan gerade mal bei vier Prozent. Die Sprachbarriere macht das Ganze auch nicht gerade einfacher. Nur schon die verschiedenen Dialekte führen zu Schwierigkeiten. Schaut sich denn jemand in der Ostschweiz überhaupt einen Walliser Film an? Versteht er alles oder braucht es gar Untertitel?
Sven Wälti, beantwortete diese Frage so: «Ein Land, das sich keine audio-visuelle Produktion leisten kann, ist ein armes Land.» Filme wie «Akte Grüninger» und «Der Verdingbub» sind gute Beispiele, warum Schweizer Produktionen wichtig sind. Bis vor ein paar Jahren hat man Kinderarbeit und -misshandlung in der Schweiz mehr oder weniger totgeschwiegen. Dank dem Film «Der Verdingbub» gab es grosse Reaktionen zu diesem Thema. Paul Grüninger wurde viele Jahre lang geächtet für seine Taten während des zweiten Weltkrieges, als er mehrere hundert jüdische und andere Flüchtlinge vor der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung rettete, indem er ihnen durch Vordatierung der Einreisevisa und Fälschung anderer Dokumente die Einreise in die Schweiz ermöglichte. 1929 wurde er deswegen vom Dienst suspendiert und seine Ansprüche auf Pension wurden ihm aberkannt. Erst als ein Film über ihn erschien, wurde die Schweizer Bevölkerung wieder daran erinnert und nun wird ihm auch der Respekt erbracht, den er eigentlich verdient hat. Die Schweizer Filmindustrie trägt also dazu bei, dass wir uns einerseits zurückbesinnen und andererseits unsere Vergangenheit dadurch vielleicht auch etwas besser verstehen. «Ohne finanzielle Unterstützung gäbe es keine Filmkultur in der Schweiz», sagt Sven Wälti.

* Ein aktuelles Beispiel ist der interaktive Spielfilm «Late Shift», bei dem der Zuschauer auf dem Tablet mitbestimmt, wie sich die Geschichte weiterentwickelt.

Text: Nina Müller
Bild: Nina Müller

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