«Was macht eigentlich…» ein Location Scout?
Industriehalle oder eher durchdesignte Loftwohnung? Diese Fragen stellt sich Location Scout Regula Begert tagtäglich, wenn sie für Filme und Serien Lokalitäten ausfindig macht. Wie man die perfekte Location findet, hat sie uns persönlich verraten.
Sie ist eine der Ersten, welche nach dem fertigen Drehbuch in den Film involviert wird. «Beim Briefing mit dem Regisseur, dem Kameramann und dem Szenenbildner wird der ‹Look› des Films besprochen», erklärt Regula Begert, welche als freischaffende Aufnahmeleiterin und Location Scout in Zürich arbeitet. Zurzeit ist sie mit dem historischen Film «Die göttliche Ordnung», welcher das 1971 eingeführte Frauenstimmrecht behandelt, beschäftigt. Begert ist viel mit dem Velo unterwegs: «Man ist langsamer und kann dadurch alles viel genauer anschauen», sagt sie. Für ihr aktuelles Projekt ist sie auf der Suche nach einer passenden Strasse. Klingt simpel aber «es ist gar nicht so einfach, eine Strasse zu finden, welche den historischen Aspekten genügt.» Für ihren letzten Tatort «Freitod» recherchierte sie in vier bis sechs Wochen rund zehn Drehorte. Jede Location wird vor Ort besichtigt und es werden Fotos geschossen: von Innen, von Aussen – einfach alles. Ihr wichtigstes Hilfsmittel: Ihr Bildarchiv.
Wände einschlagen
Im Film werden Lokalitäten oft gesplittet. Für Innen- und Aussenaufnahmen werden also nicht immer die gleichen Objekte verwendet. Weisse Wände seien im Film zudem meist unerwünscht, daher müsse man in Wohnungen die Wände fast immer neu streichen, «das ist schon fast an der Tagesordnung. Es kann auch sein, dass eine Wand herausgebrochen wird und die Bewohner vorübergehend ausziehen müssen», erklärt Begert. Schwieriger wird es, wenn ein Film heikle oder tabuisierte Themen behandelt, was beim Tatort «Freitod», bei dem es um Sterbehilfe geht, der Fall war. Ebenfalls problematisch sind Drehorte, wo Diskretion gross geschrieben wird. «Bordelle sind nicht einfach zu finden, sofern man in einer richtigen Lokalität drehen will. Im Notfall muss man Kompromisse eingehen, und aus einem ähnlich anmutenden Lokal ein Bordell machen.»
Ich bräuchte mal eben ihr Haus
Durch die SRF-Serie «Der Bestatter» ist Begert auf das Elternhaus von Kommissarin Giovanoli gestossen. Dieses Haus feiert nun im Film «Die göttliche Ordnung» sein Comeback. «Ich habe es zufällig gesehen und gemerkt, dass es eigentlich genau so ein Haus aus den fünfziger Jahren ist, wie ich eines suche.» Allerdings wird das Haus so sehr verändert werden, dass es kaum wieder zu erkennen sein wird. Ist Begert auf der Suche nach einer Villa, so fährt sie die Goldküste am Zürichsee ab. «Ich klingle, sage, dass mir das Haus gefällt und was ich vorhabe. Ab und zu klappt‘s – ab und zu nicht.» Eine andere Möglichkeit sind Flyer die verteilt werden und auf welche sich interessierte Hausbesitzer melden könnten. «Erstaunlicherweise sind die Besitzer dann oftmals sehr offen.»
Die Logistikerin am Drehort
Als Location Scout braucht sie vor allem ihr filmisches Auge – als Aufnahmeleiterin ihr Organisationstalent. «Diejenigen, welche strukturiert arbeiten wollen, müssen nicht zum Film gehen. Jeder Tag ist wieder anders», führt Begert weiter aus. Sind die Locations einmal gefunden und alle Bewilligungen auf dem Tisch, übernimmt sie meist auch gleich die Aufnahmeleitung. «Ich bin verantwortlich für die ganze Logistik am Drehort. Woher kommt der Strom, wo gibt es Parkplätze und Nebenräume, leuchten Strassenlaternen auch dann, wenn sie müssen?» Es kann noch so eine gute Location sein, wenn sie für die Crew mit ihrem Material nicht erreichbar ist, bringe sie nichts. Ist es in der Stadt oder auf dem Land einfacher, eine Location zu finden? «Auf dem Land. Es ist persönlicher, jeder kennt jeden und weiss, wessen Lokalität vielleicht infrage kommen könnte.» Ob Begert für den Film «Die göttliche Ordnung» ihre historische Strasse noch finden wird, sehen wir im November, dann soll der Film in die Kinos kommen.
Regula Begert ist als freischaffende Aufnahmeleiterin und Location Scout in Zürich tätig. Sie arbeitete bereits bei diversen Schweizer «Tatort»-Filmen mit, ihr damaliges Projekt «Die göttliche Ordnung» kam im November 2016 in die Kinos.
Text: Lorenz Zahler
Titelbild: Dreharbeiten mit Delia Mayer (2.v.r.), Luzerner «Tatort – Kleine Prinzen», 2015, SRF/Daniel Winkler
Portrait Regula Begert: Lorenz Zahler
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