«Es ist wie eine Selbsthilfegruppe»

Robin Rehmann lebt seit fünf Jahren mit Colitis ulcerosa, einem chronischen Darm-Leiden. In seiner Sendung «Rehmann S.O.S. – Sick of Silence» bei SRF Virus lässt er Menschen zu Wort kommen, die ebenfalls chronisch oder psychisch krank sind. Wann er selbst aufgehört hat zu schweigen, erzählt er uns im Gespräch.

SRG Insider: Was hat dich persönlich dazu bewegt, offen und ehrlich über deine Krankheit zu reden?
Robin Rehmann: Ich habe seit 2006 einen eigenen Videoblog, in welchem ich aus meinem Leben erzähle. Als ich 2012 krank geworden bin, habe ich zuerst damit aufgehört. Nach dem offiziellen Bescheid, dass ich chronisch krank bin und mich diese Krankheit den Rest meines Lebens begleiten wird, wusste ich, dass ich es nicht verstecken konnte und auch das erzählen will.

Wie bist du auf die Idee deiner Sendung S.O.S. gekommen?
Franziska von Grünigen von SRF-«Fokus» fragte mich, ob ich in der Sendung darüber sprechen möchte. Das Echo war enorm. Ich habe etliche E-Mails erhalten: von Betroffenen oder von Menschen, die jemanden kennen, der dieselbe Krankheit hat. Das war der Moment, wo ich meinem Chef den Vorschlag unterbreitete, selbst eine Sendung zu produzieren. Eine Sendung, in der ich Menschen interviewe, die ebenfalls eine Krankheit haben oder hatten. Aus anfänglich vier Probesendungen, welche sehr gut liefen, durfte ich weitere Sendungen realisieren. Die Nachfrage ist riesig.

Was möchtest du mit S.O.S. auslösen?
Ganz ehrlich: In erster Linie ist es eine Sendung für mich selbst. Mir persönlich hilft es, wenn ich Menschen treffe, die auch ein solches Schicksal haben und ich mit ihnen darüber reden kann. Es ist wie eine Selbsthilfegruppe. Wenn ich mit jemandem rede, der selbst nicht betroffen ist, fühlt sich das manchmal sehr komisch an. Das ist auch der Grund, warum viele ihre Probleme verschweigen, da man nicht wie der letzte Pfosten rüberkommen möchte.

«Der letzte Pfosten», denkst du, das ist der Grund, warum die wenigsten Leute über ihre Probleme sprechen?
Generell denke ich, dass niemand der Kranke oder Schwache sein möchte und darum viele chronisch oder psychisch kranke Menschen ihr Problem verstecken – es totschweigen. Die Sendung heisst darum auch «Sick of Silence». Die meisten Interviewpartnerinnen und -partner reden bei S.O.S. das erste Mal offen und ehrlich über ihre Krankheit und bis jetzt hatte diese Offenheit einen sehr positiven Effekt. Das Verständnis ist grösser, als sich die Person das vorgestellt hatte.

Die Themen gehen unter die Haut. Musst du dich da jeweils stark abgrenzen?
Dadurch, dass ich selbst viel erlebt habe, kann ich relativ «locker» damit umgehen. Diese Themen gehören für mich zum Leben dazu. Leiden macht mindestens 50% des Lebens aus – genau wie Glück – nur reden wir nie über den Schmerz. Ich bin selbst in psychologischer Behandlung und kann, falls nötig, das Gehörte so verarbeiten.

Alle Gespräche aus der Sendung «Rehmann S.O.S. – Sick of Silence» gibt's bei Play SRF.

Interview: Pascale Widmer/lv
Bild: SRF/Noëlle Guidon

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