«Mein Senf»: Hesch gseh?

Schauen Blinde und Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen eigentlich auch fern? Und darf man im Gespräch mit ihnen überhaupt von «sehen» sprechen? Fragen, die vielleicht auch du dir schon gestellt hast? In seinem «Mein Senf» verrät dir Jonas, wie auch er – als Blinder – sehen kann.

«Die sogenannte Audiodeskription macht es mir möglich, Filme – sei es im Kino oder zuhause – zu geniessen. Während den Sprechpausen zwischen den Dialogen wird jeweils kurz und knapp die Handlung, das Aussehen der Personen, der Landschaften erklärt. Selbstverständlich nicht für alle Kinobesucher über die Lautsprecher, sondern mit Kopfhörern an meinem Smartphone über eine App, welche die Audiodeskription zum Film bereitstellt und sich mit dem Mikrofon des Handys mit dem im Kino zu hörenden Ton synchronisiert. So habe ich als blinde Person denselben Kinospass wie sehende Kinobesucher. Nur hält sich die Auswahl der Filme mit einer Audiodeskription leider bislang noch in Grenzen.

Krimiserien, Fussball und Theater auch für uns!

Dasselbe gibt‘s auch im Fernsehen, zum Beispiel bei SRF, jeweils auf dem zweiten Tonkanal. Denn logischerweise mögen auch Blinde und Personen mit eingeschränktem Sehvermögen spannende Krimiserien wie ‹Der Bestatter› oder ‹Wilder›. Ebenso existiert das Angebot für Fussballspiele, so überträgt Blind Power, ein Verein, der die Integration von sehbehinderten Menschen fördert, Spiele der Schweizer Raiffeisen Super League. Im Unterschied zum klassischen TV- oder Radio-Kommentar ist die Audiodeskription stärker auf das Spielgeschehen, die Reaktionen der Fans fokussiert und verzichtet bewusst auf Expertenkommentare und Einschätzungen während dem Spiel. Aber damit nicht genug: Auch weitere Sportevents und kulturelle Veranstaltungen wie Musicals und Theater sollen ferner zugänglich werden für Besucher mit Sehbehinderung*.

Dies ermöglicht mir unabhängig von meiner Behinderung die Teilhabe am grossartigen, kulturellen Angebot der Schweiz. Somit kann auch ich mich bei Diskussionen in der Pause im Büro und mit Freunden über Kinofilme, Krimi-Serien und Fussballspiele austauschen. ‹Häsch gseh?›, wird somit zur natürlichsten Frage für mein Umfeld. Denn wenn auch nicht mit den Augen – ich hab’s gesehen – dank Audiodeskription.»

In der Rubrik «Mein Senf» lassen wir jeden Monat jemand Junges zum aktuellen Themenschwerpunkt zu Wort kommen. Alle bisher publizierten «Senf»-Texte findest du unter: #meinsenf

Illustration: Stephan Lütolf (Sehender: «Hesch ‹Wilder› au gseh?», Blinder: «Ja sicher!»)
Porträt Jonas Pauchard: Zoé Roth

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