Auf den Spuren der Wetterfrösche: Ein Morgen bei SRF Meteo
Frühschichten, komplizierte Prognosen und bei jedem Wetter auf dem Dach moderieren: so sieht der Arbeitsalltag der Medien-Meteorologen von SRF Meteo aus. Jasmin hat Luzian Schmassmann und Gaudenz Flury einen Vormittag lang begleitet.
02.40 Uhr: Der durchdringende, schrille Ton meines Handyweckers weckt mich. Wo bin ich? Alles ist dunkel. Kann es wirklich schon Zeit sein, aufzustehen? Langsam komme ich ganz zu Bewusstsein und mir fällt wieder ein, weshalb ich mitten in der Nacht aufstehen soll: Ich darf heute eine SRF-Meteo-Frühschicht begleiten.
03.25 Uhr: Ich erreiche das Fernsehstudio Leutschenbach noch etwas verschlafen. Im sechsten Stock treffe ich Medienmeteorologe Luzian Schmassmann. Er arbeitet seit Sommer 2017 bei SRF Meteo und hat an diesem kalten Dezembermorgen Frühschicht.
03.30 Uhr: Zunächst studiert Luzian die Karten und Modelle zur aktuellen Wetterlage auf seinen acht Bildschirmen und erklärt mir ausführlich, was die bunten Wellen, Zeichen und Linien bedeuten. Kalt werde es heute, sehr kalt. Obs Nebel geben wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch schwierig abzuschätzen. Auf den Satellitenbildern ist bei Nacht nur wenig zu erkennen. Heute muss Luzian gleich mehrere Elemente berücksichtigen: Nebel und Hochnebel, Niederschlag (Regen oder Schnee), Wind und Temperaturen. Je mehr Faktoren in eine Wetterprognose einfliessen, umso unsicherer wird die Prognose.
Ich habe mich jetzt auf den Hochnebel festgelegt. Die Chance, dass ich damit aber auf die Schnauze falle, ist gross.
04.15 Uhr: Luzian hat sich ein erstes Bild über das Wetter heute verschafft und schreibt es stichwortartig auf: «Heute viel Sonnenschein, vor allem in den Bergen. Kalt im Flachland.» Er tippt seine Wetterprognose nun in ein Informationsübertragungssystem ein, das sie an verschiedene Radiosender verteilt.
Auch die Prognose für den Teletext und RTR, den romanischen Sender, verfasst Luzian über dieses System. «Das schreibst du aber nicht auf Rumantsch, oder?», will ich wissen. Luzian lacht: «Nein, nicht alle Wetterfrösche sprechen Rumantsch. Wir schreiben die Wetterprognose stichwortartig in deutscher Sprache und die Moderator/innen von RTR übersetzen diese dann in unsere vierte Landessprache».
05.04 Uhr: Die Stimme des SRF-3-Sprechers ertönt aus dem Radio. Er liest Luzians Wetterprognose vor: «In den Bergen und im Süden scheint ganztags die Sonne. Mit Bise liegen die Höchstwerte im Norden bei rund 2 Grad im Süden gibt es bis 8 Grad».
05.27 Uhr: Jetzt gilt es ernst. Zum ersten von insgesamt 17 Mal an diesem Morgen, geht Luzian im Radio live auf Sendung. Er setzt seine Kopfhörer auf, drückt einen Knopf und schon ist er direkt mit Tina Nägeli im SRF-3-Studio verbunden. «Frag mich, wie kalt es werden wird», gibt Luzian Tina das Leitthema der Prognose an und wartet dann auf seinen Einsatz. Er schaltet auf seine Moderatorenstimme um: «Ja, es ist sehr kalt. Wir haben aktuell gerade -5 bis -3 Grad, aber noch deutlich kälter ist es zum Beispiel im Oberengadin. In Samedan haben wir aktuell gerade -24.5 Grad». Luzian spricht frei. Er orientiert sich bloss an seinen Notizen.
05.37 Uhr: Sobald Luzian sich von Tina Nägeli verabschiedet hat, geht’s direkt weiter. Er schaltet sich live ins «Radio Zürisee» Studio. SRF Meteo macht nicht nur Wetterprognosen für SRF. Nein, auch Privatsender nutzen das Angebot. Das wusste ich nicht.
05.45 Uhr: Nun will Elena Bernasconi von SRF 1 von Luzian hören, wie das Wetter wird. Auch ihr gibt er das Leitthema an:
Frag mich, ob es heute kalt wird.
Ich sitze still daneben und beobachte, wie Luzian bereits zum dritten Mal die tiefen Temperaturen und die Sonne in den Bergen prognostiziert.
06.02 Uhr: Mir schwirrt bereits der Kopf. Vier Interviews in einer halben Stunde. Doch Luzian nimmt es gelassen. Vor den Interviews bleibt sogar noch Zeit für Sprüche und Spässchen mit den Moderatoren. Weiter geht’s mit einer Online-Wetterprognose speziell fürs Engadin – ebenfalls ein externer Kunde – und mit einem Morgentweet für den SRF-Meteo-Twitteraccount.
Der Morgen verläuft ähnlich weiter: Interview um Interview, dazwischen etwas Social Media, ein paar externe Aufträge und viele Prognosen. Luzian studiert immer wieder die Karten und Modelle und überprüft seine Prognosen. Ich staune, wie Luzian in den Interviews immer wieder neue Formulierungen für den selben Inhalt findet.
08.00 Uhr: Die Sonne geht auf und die ersten Mitarbeiter treffen ein. Unter ihnen ist auch Gaudenz Flury. Gaudenz hat an diesem Tag eine Moderationsschicht, das heisst, er wird die Mittagssendung auf dem Dach moderieren.
08.30 Uhr: Auch Gaudenz arbeitet sich «in das Wetter ein». Ein etwas merkwürdiger Ausdruck. Sowohl Luzian als auch Gaudenz sprechen von «im Wetter drin sein». Da Gaudenz zwei Tage frei hatte, ist er nun nicht mehr so «im Wetter drin» und die Vorbereitungen dauern deutlich länger. Er studiert, genau wie Luzian am Morgen, die verschiedenen Modelle am Computer und beginnt schon einiges auf der Karte einzuzeichnen. Ich bin fasziniert, hatte ich doch keine Ahnung, dass die Karten, die im Fernsehen zu sehen sind, von Hand gezeichnet sind.
09.55 Uhr: Alle anwesenden Meteo-Mitarbeiter treffen sich, um die Wetterlage zu besprechen. Luzian leitet dabei die Diskussion, da er nach fast sieben Stunden intensiver Auseinandersetzung am besten «im Wetter drin ist». Er übergibt vor seinem Feierabend seine Prognosen seinen Kollegen und sie diskutieren gemeinsam den weiteren Wetterverlauf. Dabei sind sie sich nicht immer ganz einig, da beim Modellstudium viel Raum für Interpretation bleibt.
10.30 Uhr: Während Luzian sich auf den Nachhauseweg macht, geht es für Gaudenz in die Maske. Er wird für die Kamera hergerichtet. Etwas Puder ins Gesicht, ein paar Rötungen abdecken und etwas Gel ins Haar. Nach nicht mal zehn Minuten ist Gaudenz schon bereit, vor die Kamera zu treten.
Doch zuerst bereitet er ausführlich seine Sendung vor. Er zeichnet alle Karten und Grafiken fertig und überlegt sich was er in etwa erzählen will.
12.45 Uhr: Jetzt gilt es für Gaudenz ernst. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg Richtung Meteo-Dach. Mit dem Lift geht’s in den zwölften Stock und von dort zu Fuss noch weiter nach oben. In der «Garderobe» wartet bereits der Kameramann. Gaudenz gehört noch nicht lange zum Moderationsteam und hantiert noch etwas unbeholfen mit der Verkabelung des Mikrofons. Wir steigen hoch aufs Dach. Es ist kalt und kurz vor der Sendung beginnt es zu regnen. Das mindert aber in keiner Weise meine Freude, auf dem berühmt-berüchtigten Meteo-Dach zu stehen.
13.00 Uhr: Kurz vor der Livesendung macht Gaudenz einen Test: «Willkommen bei Meteo. Ja ein turbulentes Wochenende liegt hinter uns. Blablabla». Die Regie kontrolliert dabei, ob Bild und Ton in Ordnung sind und gibt Gaudenz über den Knopf im Ohr weitere Anweisungen.
13.02 Uhr: 3, 2, 1 und Action. Gaudenz lässt sich weder vom Regen noch von den vorbeifliegenden Flugzeugen beirren. Ruhig und gelassen moderiert er die Sendung und erzählt den Zuschauern anhand seiner Grafiken wie das Wetter heute und in den nächsten Tagen werden wird.
13.30 Uhr: Nun heisst es auch für mich Feierabend. Es war ein langer und sehr spannender Tag. Für Gaudenz geht der Nachmittag weiter mit vielen Prognosen und Radiointerviews.
Mehr von meinem Besuch bei Meteo findest du in den Highlights auf unserem
Text: Jasmin Macho
Bilder: Jasmin Macho
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