«Nachgefragt»: Wie kam die Webserie «Hermann holzt» zustande?
SRF «DOK» feierte im Februar 2019 das zehnjährige Bestehen der Auswandererserie «Auf und davon» mit einer Spezialsendung in Kanada. Im Rahmen dieses Jubiläums wurde von SRF auch das Webformat «Hermann holzt» mit Kultauswanderer Hermann Schönbächler realisiert. Aber wie ist diese Webserie mit dem kernigen Holzfäller eigentlich entstanden? SRG Insider hat beim Macher der Webserie nachgefragt.
Vor neun Jahren begleitete SRF «Auf und davon» Familie Schönbächler bei ihrer Auswanderung in die kanadische Wildnis. Mit seinen kantigen Sprüchen und insbesondere dem Ausruf «Richi! I ha gseit söusch di guet häbe!», wurde Hermann Schönbächler zum Publikumsliebling. Bei der genannten Szene fiel Hermanns Sohn Richi aus einem Bagger - weil er sich entgegen der Anweisung seines Vaters nicht gut genug festgehalten hat. In der Jubiläumsfolge besuchte SRF «DOK» die Familie Schönbächler erneut und berichtete aus ihrem Alltag in der kanadischen Wildnis.
Damit ist die Geschichte um den kernigen Holzfäller aber noch lange nicht zu Ende erzählt. Dieser Meinung war auch der digitale Storyteller bei SRF, Thomas «Tommy» Balmer. Zusammen mit SRF «DOK» entwickelte er deshalb eine Webserie, welche sich einzig und alleine um den Protagonisten Hermann Schönbächler dreht.
Aber warum genau Hermann? Hermann ist für viele der «Kultauswanderer», da er pointiert und direkt seine Meinung sagt. Deshalb waren Tommy und sein Team überzeugt, dass diese Qualitäten auch bei einem jüngeren Publikum, in einem auf sie zugeschnittenen Web-Format gut funktionieren würden. Und die Strategie scheint aufzugehen: Der SRF-Instagram-Kanal legt seit der Veröffentlichung gerade bei den Jugendlichen stark zu.
Die Aufnahmen für die Webserie hat das Drehteam von «Auf und davon» gemacht, welche sich auch für die Broadcastproduktion (also die Sendung, die dann im Fernsehen ausgestrahlt wird) verantwortlich zeigt. Tommy blieb währenddessen in der Schweiz und wies das Team in Kanada sehr genau an, welche Bilder, welches Setting und welchen «Look&Feel» er für «Hermann holzt» haben möchte: «Natürlich bekommt man dann auch nicht immer exakt das, was man selbst gedreht hätte. Und auch nicht immer das was man sich in der Postproduktion wünscht», meint Tommy. Für eine Webserie benötige man gegenüber einer klassischen «DOK»-Produktion mehr filmische Stilmittel wie Close-Ups oder Tiefenschärfen. Somit musste das Dreh-Team an den Drehtagen, die sie für die TV-Sendung zur Verfügung hatten, auch noch Tommys Ideen umsetzen. Ein ziemlicher Mehraufwand.
Entstanden sind neun Episoden, in der Hermann seine Sicht der Dinge darlegt – und auch sich selber auf die Schippe nimmt. Zu Beginn standen nach einem Brainstorming noch etwa fünfzehn Ideen im Raum. Einige davon waren aber schlicht nicht umsetzbar, wie zum Beispiel eine geplante Jagd-Folge. Aus dem einfachen Grund, dass es zu dieser Jahreszeit nichts zu jagen gab in British Colombia.
Tommy war nicht nur für das Storytelling zuständig, sondern auch fürs Sounddesign, Colourgrading, die Animationen und Grafiken. Die «Stilmittel», die er verwendet hat, wurden auf dem Youtube-Kanal von SRF «DOK» teilweise stark kritisiert. Vor allem die Soundeffekte und Schwarz-Weiss-Filter stiessen bei einigen Usern auf Unverständnis. Tommy reagiert cool darauf:
Er hat auch eine Erklärung dafür: Sehgewohnheiten. Dem YouTube-Kanal von SRF «DOK» folgen Zuschauer, die ausschliesslich Broadcast-Inhalte konsumieren. Webformate werden grundlegend anders aufbereitet als Formate fürs klassische Fernsehen.
«Hermann holzt» ist das erste Webformat, das es auf diesem Kanal zu sehen gibt und dann ist es gleich noch eines mit einer grossen Fülle an Sounddesign und Effektschnitt. Da verwundert es Tommy nicht, dass das für ein Publikum, das solche Formate nicht kennt, sehr irritierend wirken kann.
Die Frage, die Tommy sich stellen musste war: Für wenn macht er dieses Produkt? Was will der Kanal sein? «Wollen wir auf einem Kanal eigene Webformate entwickeln oder wollen wir «Broadcast-on-the-Web» abbilden. «Macht man Ersteres, werden die Sehgewohnheiten auf dem Kanal rasch ändern und man erreicht eine neue Zielgruppe. Macht man Letzteres pflegt man sein Stamm-Broadcast-Publikum. Beides kann richtig sein. Es ist eine Frage der Strategie.»
Auf der Facebook-Seite von SRF 3 beispielsweise, kann man das schön beobachten. Dort ist das Zielpublikums Webformate gewohnt, sodass ausschliesslich über Inhalt und Protagonist diskutiert wird und weniger über die Aufbereitung.
Neugierig geworden? Schau dir die gesamte Staffel «Hermann holzt» an!
Text: SRG Insider
Bild: Thomas Balmer / SRG Insider
Kommentar