«Ich brauche kreative Freiräume»

Die ganze Schweiz stand vor einem Jahr beinahe still: leere Innenstädte, wenig Verkehr und kaum kulturelle Veranstaltungen. Doch im Hause SRF wurde zu dieser Zeit ein gehöriger Kreativitäts-Boost freigesetzt. Und mittendrin: Programmentwickler Matthias Haemmerly.

«Plötzlich war nichts mehr so wie vorher und wir waren froh um alles, was wir in dieser Situation irgendwie umsetzen konnten», erinnert sich SRF-Programmentwickler Matthias Haemmerly an den ersten Lockdown. Im Eiltempo wurden neue Formate aus dem Boden gestampft und das Programm wurde, den Umständen entsprechend, laufend angepasst. Zu dieser Zeit entstand beispielsweise der Dokumentarfilm «Stille Schweiz»: Mit einer Kamera ausgestattet, besuchte ein Filmemacher für SRF die leergefegten Städte. Es sei ein Experiment gewesen und Matthias ist sich sicher:

So eine Sendung hätten wir in normalen Zeiten nie machen können.

Matthias Haemmerly, Programmentwickler bei SRF

Doch für das «Gedächtnis der Schweiz» – wie er es nennt – sei es wichtig gewesen, diese Situationen zu dokumentieren.

Reger Online-Austausch

Noch vor der Pandemie holte sich Matthias Inspirationen und Ideen für neue Formate auf Conventions und Messen in Cannes, London, Barcelona oder Lissabon. Doch diese mussten aus bekannten Gründen weichen oder fanden nur noch virtuell statt. Geblieben ist der regelmässige Online-Austausch mit den Programmentwicklerinnen und -entwicklern von ZDF und ORF. Mit seinen Pendants in Deutschland und Österreich spricht Matthias über aktuelle Branchentrends sowie anstehende Formate – und es wird auch immer mal wieder gemeinsam eine Projektidee weitergesponnen.

Neue Formate in der Pipeline

Im Moment arbeiten Matthias und seine SRF-Gspändli beispielsweise an einer Nachfolgesendung von «Mini Schwiiz, dini Schwiiz». Denn sogenanntes Factual Entertainment – also Programme, die echte Menschen und Ereignisse auf unterhaltsame Weise zeigen – stehen nicht nur bei SRF hoch im Kurs. Ein Blick auf die grosse, weite Welt zeigt nämlich: Vor allem Datingshows werden bei anderen Sendeanstalten total gehypt. Mit der Digitalstrategie «SRF 2024» entwickelt Matthias inzwischen auch vermehrt Formate für den Onlinebereich. So hat er unter anderem die neue Videoreihe «Raphi rafft’s» für SRF Kids mitkonzipiert und schon einige Podcast-Ideen ausgearbeitet. Als ehemaliger Radiomann findet er Audioprojekte besonders faszinierend:

Man hat eben das Bild nicht. Also muss man mit Geräuschen, Sprache und Musik Bilder im Kopf der Leute erzeugen.

Matthias Haemmerly, Programmentwickler bei SRF

Sein neuster Podcast-Wurf geht im Herbst an den Start: Dieser beleuchtet verschiedene Katastrophen, die sich vor 20 Jahren ereignet haben.

Von der Idee bis zum fertigen Konzept

Anfragen und Aufträge bekommt Matthias intern von ganz unterschiedlichen Redaktionen. Manchmal ist ein komplettes Sendekonzept gefragt – ein anderes Mal ein Brainstorming mit einer Journalistin, die bei einem Dreh oder Projekt gerade feststeckt. Von der Idee bis zum fertigen Konzept: Als Programmentwickler betreut Matthias den kompletten Entwicklungsprozess und ist zudem Teil des Commissioning Board. Wichtig sei dabei, so Matthias, dass man zwischen der eigenen Meinung und den konzeptionellen Vorgaben unterscheide. Nur weil man selbst etwas gut findet, heisst das nicht, dass die Idee auch dem professionellen Rahmen entspricht. Es sei wie bei einem Koch: «Wenn ich den frage, was ein gutes Gericht sei, dann sagt der mir ja auch, dass es auf den Geschmack des Gastes ankomme.»

Der Garten als Inspirationsquelle

Wenn er aber selber mal bei einem Projekt nicht weiterkommt, holt er zuhause den Rasenmäher aus der Garage, dreht den Benzinhahn auf und zieht den Anlasser. Und schwupp, hat er nicht nur den Garten gepflegt, sondern ziemlich sicher auch eine tolle Idee im Kopf: «Ich brauche kreative Freiräume, sonst arbeite ich durchschnittlich», erzählt er. Dass Rasenmähen seinen Einfallsreichtum ankurbelt, hat er aber erst im Lockdown gemerkt – vorher habe er es immer gehasst, diese Maschine auf der Grünfläche vor dem Haus herumzuschieben.

Mit offenen Augen durch das Leben gehen: Das ist sehr wichtig für einen Programmentwickler.

Matthias Haemmerly, Programmentwickler bei SRF

Matthias Hämmerly arbeitet seit 2019 als Senior Entwickler in der Abteilung Unterhaltung für SRF und hat in dieser Funktion viele lineare und non-lineare Angebote mitgeprägt. In den nächsten Monaten nimmt Matthias innerhalb von SRF eine neue Aufgabe wahr: Er wechselt in den Direktionsbereich Herstellungsmanagement und übernimmt dort die Verantwortung für verschiedene Auftragsproduktionen und Programmeinkäufe.

Übrigens: Wir haben noch mehr Insights aus dem Arbeitsalltag von Programmentwickler Matthias aufgeschnappt. Wie sich seine Arbeit in den letzten Monaten verändert hat und was allen in ein Konzept für ein neues Format gehört, erfährst du hier.

Text: SRG Insider/Fabian Welsch
Bild: zVg

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