«Öpis mit Medie»: Vis-à -vis von den Mächtigsten der Schweiz
Zwei Bundeshausredaktoren erzählen in der Veranstaltung «Öpis mit Medie» wie es ist, wenn 1 Million Zuhörer der eigenen Stimme lauschen und warum sie manchmal wie an einem Basar verhandeln müssen.
«Es kann gut sein, dass jemand während dem heutigen Morgen plötzlich ein kühles Händchen auf der Schulter spürt. Hier war schliesslich einmal ein Friedhof», begrüsst Philipp Burkhardt die «Öpis mit Medie»-Teilnehmer im Medienhaus in Bern. Und hat so schon die ersten Lacher auf sicher. Philipp Burkhardt ist Leiter der Bundeshausredaktion von Radio SRF und bietet zusammen mit Bundeshausredaktor Dominik Meier während ein paar Stunden einen Einblick in ihre Arbeit vis-à-vis vom Bundeshaus. Für die neuste Folge der «Öpis mit Medie»-Veranstaltungsreihe haben sich die Teilnehmer im fünfstöckigen Medienhaus in Bern getroffen.
«Das Wichtigste an diesem Job, ist eine gute Menschenkenntnis zu haben», sagt Burkhardt. Denn wenn man findet, alle diese Politiker seien sowieso nur «Deppen», würde man es sehr schwierig haben. Auch analytische Fähigkeiten und Fachwissen seien Skills, die unabdingbar seien. «Für die Texte zur Monsterdebatte ‹Energiestrategie› musste ich erst herausfiltern, welche Informationen für den Hörer wichtig sein könnten und welche nicht und dann die Verwaltungssprache, in der solche Dossiers geschrieben sind, erst in ein verständlicheres Deutsch übersetzen.»
Geschenke liegen nicht drin
Vor allem flexibel müsse man sein, ergänzt Dominik Meier. «Manchmal wissen wir erst am späten Morgen, ob wir für den Mittag einen Beitrag liefern sollen oder nicht.» Die beiden Bundeshausredaktoren bieten politische Beiträge den Sendungen ‹Rendez-vous›, ‹Echo der Zeit›, ‹HeuteMorgen› sowie ‹Info3 an›. «Das ist manchmal wie an einem Basar: Wir schlagen unsere Themen vor, verhandeln und versuchen zu überzeugen.» Denn diese Sendeplätze sind begehrt. «Beim ‹HeuteMorgen› kann es schon einmal vorkommen, dass dir 1 Million Leute zuhören», sagt Meier. Da realisiere man, welche grosse Wirkung ein solcher Beitrag haben kann. Das sei ein riesiges Privileg, findet Meier.
Bei der Themenauswahl seien sie sehr frei: «Schlussendlich hat ja alles mit Politik zu tun», findet er. Was ihm aber besonders gefällt, ist die Möglichkeit, kritische Interviews zu führen und Politiker richtig zu löchern. Dafür brauche es aber Respekt und ein Vertrauensverhältnis zwischen Journalist und Politiker. Zugleich müsse immer eine gewisse Distanz bewahrt werden. «Ich bin bis heute mit fast niemandem per Du im Bundeshaus», sagt Burkhardt. «Ein Geschenk zu Weihnachten habe ich auch noch nie von einem Politiker bekommen», antwortet Meier auf die Frage eines Teilnehmers, ob er nicht auch schon Präsente von Politikern erhielt, um sich mit ihm gut zu stellen.
Wort zum Sonntag
Ob sich denn Politik und Journalismus vertragen würden, fragt ein weiterer Teilnehmer. Die beiden Bundeshausredaktoren finden ja. «Den Drang plötzlich meine eigene politische Meinung kundzutun, hatte ich noch nie», sagt Meier. Kommentieren sei immer eine Gratwanderung, da Einschätzungen schnell zu stark gewichtet würden. Man könne schnell auch daneben greifen. Ihre Aufgabe sei es mehr, Orientierungshilfe zu bieten, als zu kommentieren, findet Burkhardt. «Wir kommentieren daher eine Sachlage nur ganz selten. Das würde schnell nach ‹Wort zum Sonntag› klingen», sagt er lachend.
«Der Beruf Bundeshausredaktor hat mich zwar schon immer fasziniert, aber einmal zu sehen, wie es dann wirklich wäre, ist mega spannend. Viele junge Leute interessieren sich zwar für Politik, haben aber nicht viel Ahnung davon. Das sollte sich ändern.»
Elisa (25)
«Es ist toll, dass sich die beiden Bundeshausredaktoren so viel Zeit für uns genommen haben. Überrascht bin ich über das Medienhaus – es ist wie ein eigenes System für sich. Dass wir heute an diesem Anlass die Möglichkeit hatten, einen Einblick in diese Welt zu bekommen finde ich grossartig.»
Peter (23)
Olivia Gähwiler (23) hat Journalismus & Organisationskommunikation an der ZHAW studiert und arbeitet heute als freie Journalistin für verschiedene Medien. Für SRG Insider geht sie regelmässig Themen nach, welche die jüngere Generation beschäftigen.
Einen Einblick in den Beruf «Bundeshausredaktor/in» findest du in unserem Video-Porträt, in dem SRG Insider Nik Meier bei seiner Arbeit im Medienzentrum Bundeshaus begleitet hat. Ausserdem kannst du unter #öpismitmedie die Tweets zur Veranstaltung nachlesen.
Mit «Öpis mit Medie» hat SRG Insider 2013 eine Veranstaltungsreihe lanciert, bei welcher in regelmässigen Abständen die vielseitigen Berufe von SRF vorgestellt werden. Die Veranstaltungen richten sich sowohl an junge Leute, die in den vorgestellten Berufen Fuss fassen möchten, aber auch an diejenigen, die grundsätzlich medieninteressiert sind. Die vergangenen Veranstaltungen hatten die Berufe Musikredaktor/in, Videojournalist/in, Fernsehregisseur/in, Sportkommentator/in, Multimediajournalist/in, Bundeshausredaktor/in, Interaction Designer, Radiomoderator/in, Inlandkorrespondent/in und Gameredaktor/in zum Thema. Die nächste Veranstaltung ist im Sommer 2016 geplant. Infos dazu findest du zu gegebener Zeit auf srginsider.ch.
Text: Olivia Gähwiler
Bilder: SRG Insider / Thomas Züger
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