E-Sports, Gaming und Service public: passt das zusammen?

Die Gameszene und damit auch E-Sports boomen gerade mehr denn je. Auf den Trend ist nicht nur die Onlinewelt aufgesprungen, sondern sogar Fernsehsender. Auch SRF hat in letzter Zeit mehrere E-Sports-Turniere gezeigt und zur Primetime ein «Let's Play» im Fernsehen ausgestrahlt. Aber gehört das wirklich zum Service public, anderen Menschen beim Gamen zuschauen zu können? Wir haben nachgefragt.

Bildschirm statt Stadion und Controller statt Fussball: E-Sports und Games sind schon lange nicht mehr nur ein Nischentrend und haben die Unterhaltungswelt im Sturm erobert.

Von Game-Sessions auf YouTube bis hin zum Technologie-Podcast hält uns das Team von SRF Digital auf dem Laufenden über alles, was das Tech-Herz begehrt. Und obwohl die Redaktion normalerweise eher online unterwegs ist, durfte sie sich kürzlich zum ersten Mal im TV versuchen: Bei einem «Let's Play» hat Host Guido Berger verschiedene Comedians herausgefordert und ihre Gaming-Skills auf die Probe gestellt – zur Primetime!

Auch SRF Sport widmet der virtuellen Sport-Welt immer mehr Aufmerksamkeit. Ob Radrennen, Fussball oder Eishockey: Da aufgrund der Pandemie in den letzten Wochen viele Sportarten nicht im gewohnten Umfeld stattfinden konnten, haben sich diese in die virtuelle Welt verlagert. Neue, kreative Formate zeigen uns: es muss nicht immer ein grosses Stadion mit sportelnden Menschen sein; auch ein virtuelles Sportturnier kann durchaus spannend sein.

Der E-Sport- und Gaming-Boom ging auch an der Redaktion von SRF Forward nicht vorbei. Streaming-Plattformen wie Twitch feiern gerade grosse Erfolge und es stellt sich die Frage: Ist dieser Boom nur eine Nebenwirkung von Corona? Oder machen E-Sports den konventionellen Sportarten in Zukunft Konkurrenz? Das haben unsere Gspändli versucht herauszufinden.

Eine grosse Frage ist aber noch offen: Passen E-Sports und Gaming eigentlich zum Service public?

Wir haben im SRG-Universum nachgefragt:

E-Sport gehört aus meiner Sicht zum Service public.

Matthias Hämmerly

«So viele junge Menschen bewegen sich auf diesen Plattformen, ohne gross öffentlich-rechtliche Medien zu konsumieren. Will man versuchen dieses Publikum zu gewinnen, so können wir E-Sports nicht ignorieren. Man hat Versuche gemacht: Formatfremde Inhalte wurden in virtuelle Welten impliziert. Beispielsweise ein Konzert bei Fortnite. Der Erfolg war immens und es gibt Stimmen die sagen, wir stünden am Anfang einer Evolution der Medien. Wie damals als das TV plötzlich aufkam und Radiosprecher einfach News vorgelesen haben.»

Matthias Hämmerly, Formatentwickler Jugend, Familie & Unterhaltung

Games sind eine höchst relevante Populärkultur, die wir wie andere Kulturformen abbilden wollen.

Guido Berger

«Ebenso ist E-Sport eine neue Sport-Kategorie, die stark boomt – und nicht nur in der Nische stetig Fans gewinnt, sondern auch einem breiten Publikum erklärt werden will. Formate wie «Let’s Play» oder E-Sport-Turniere sind online sehr beliebt, insbesondere bei einem jüngeren Publikum, das für uns sonst schwieriger zu erreichen ist. Amerikaner um die 20 beispielsweise, schauen bereits heute mehr E-Sport- und Gaming-Inhalte als klassischen Sport. Es geht also einerseits darum, den Game-Interessierten zu zeigen, dass SRF auch für sie Inhalte produzieren kann. Und andererseits möchten wir einem eher Game-fremden Publikum aufzeigen, warum Games insbesondere für Jugendliche häufig einen zentralen Lebensinhalt bedeuten. Deshalb gehört dieses faszinierende Medium sehr wohl zum Service public. Die Digital-Redaktion von SRF berichtet deshalb schon seit 2006 regelmässig am Radio und online über Games.»

Guido Berger, Redaktionsleiter SRF Digital, Host von «Let's Play»

Die Vermittlung der Vielfalt von Sportkulturen gehört ohne Frage zum Service public.

Anna Park

«Bisher war ich mit E-Sports und der SRF Digital Sendung «Let’s Play» völlig unvertraut und ich wurde erst durch die Corona bedingte Übertragung auf SRF 2 auf diese «Sportart» und das bereits seit fünf Jahren bestehende YouTube-Format aufmerksam. Interessant und überraschend finde ich die sehr direkte Kommunikation der «Let’s Play»-Community mit dem SRF-Host im Real-Time-Chat auf YouTube, die eine wesentliche Rolle für dieses Format zu haben scheint und dieses auch mitgestaltet. In der Übertragung im öffentlichen Kanal kommt diese Dynamik natürlich weniger zum Ausdruck. Es war allerdings spannend zu sehen, wie etwa in der Sendung mit Kaya Yanar aus der Chatdynamik die Idee entstand, dem Komiker das Jassen beizubringen und ihn womöglich im «Samschtig-Jass» sein Können unter Beweis stellen zu lassen. Während die Vermittlung der Vielfalt von Sportkulturen ohne Frage zum Service public gehört, gelingt es «Let’s Play» zudem, dass sich eine «Digitalen Generation» die eher in kleineren Gemeinschaften organisiert als Teil der Öffentlichkeit verstehen kann. Dieser «Brückenschlag» ist meines Erachtens gegenwärtig von grosser gesellschaftlicher Relevanz!»

Anna Park, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Publikumsrätin SRG.D

Ich finde, der Service public sollte Themen abbilden, die die Gesellschaft bewegen.

Kaspar Kluth

«E-Sports und Gaming sind weltweit im Trend und finden auch in der Schweiz immer mehr Zuwachs. Vor allem jüngere Generationen beschäftigen sich damit. Daher bin ich der Meinung, dass diese Themen auch beim Service public nicht ausgeklammert werden sollten. Ob E-Sports und Gaming nun schlussendlich im Fernsehen übertragen werden sollten oder ob sich Onlinekanäle dafür besser eignen, darüber lässt sich streiten.»

Kaspar Kluth, Redaktor SRF Forward

Entwicklungspotenzial sehe ich vor allem im Bereich der Frauenvertretung.

Martina Stüssi

«Zum Service public gehört es, sowohl jüngere Menschen anzusprechen als auch Kultur zu vermitteln. Zu diesen beiden Punkten passt es, dass Schweizer Games vorgestellt werden und die Gamingwelt auch Menschen, die mit Gamen sehr wenig Kontakt haben, näher zu bringen. Die Diskussion über E-Sports und Games sind für mich Teil des Service public. Als Person, die nur selten ein Game auf dem Smartphone spielt, bin ich froh, aus Podcasts, dem Fernsehen und dem Radio zu vernehmen, was mir entgeht. SRF Digital sendet schon seit längerer Zeit «Let's Plays» auf YouTube, die ihr festes Publikum haben. Als Publikumsrätin finde ich es wichtig, dass Gaming Platz im Programm hat und habe mich gefreut, dass SRF schnell reagiert hat und den fehlenden Sport auf SRF zwei am Donnerstagabend mit einer Gamingshow ersetzt hat. Ich sehe noch ein gewisses Entwicklungspotenzial – vor allem im Bereich der Frauenvertretung – und bin gespannt, was die SRF Digital-Redaktion als nächstes ausheckt.»

Martina Stüssi, Studentin und Publikumsrätin SRG.D

Wir machen ein Programm für alle.

Jan Paetzold

«Ist E-Sport überhaupt Sport? Die oft gehörte Frage offenbart die derzeitige Grundskepsis gegenüber dem jungen, digitalen Sport. Dabei ist klar: E-Sport erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Es ist ein Trendsport, der insbesondere viele junge Schweizerinnen und Schweizer begeistert. Ich bin mir sicher, es ist auch eine Generationsfrage. So wie jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer weniger Interesse haben an einigen klassischen Sportarten, hat manch älterer Sportfan einen geringeren Bezug zum E-Sport. Aber irgendwann kommt wohl auch die Generation, die bereits mit den Eltern in die Halle oder ins Stadion gegangen ist, um das Finale von League of Legends oder des FIFA eWorld Cups, zu sehen. Warum nicht? Das wird sich entwickeln. Ob E-Sport dereinst so gross wird wie aktuell Fussball, Eishockey oder Tennis, ist wieder eine andere Frage. Sicher ist: E-Sport ist Teil der Schweizer Sportrealität und gehört damit auch zum Service public.»

Jan Paetzold, Bereichsleiter SRF Sport

Text: SRG Insider
Titelbild: Colourbox.de
Bilder: Matthias Hämmerly: zVg. Guido Berger: zVg. Anna Park: zVg. Kaspar Kluth: zVg. Martina Süssi: zVg/Seraina Nadig. Jan Paetzold: SRF/Oscar Alessio,

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