Das war der siebte Edit-a-thon «Frauen für Wikipedia»
Es geht Schritt für Schritt voran: Am siebten Edit-a-thon «Frauen für Wikipedia» vom 10. November 2021 wurden innerhalb von drei Stunden weitere 53 Frauen auf die wichtigste Informationsplattform der Welt gehievt. Doch manchmal geht es in Sachen Gleichstellung auch wieder einen Schritt zurück. Eine Löschaktion, bei welcher auch ein Eintrag eines vergangenen Edit-a-thons betroffen ist, hat Fragen aufgeworfen und hohe Wellen geschlagen.
Stell dir mal vor: Du nimmst dir mehrere Stunden Zeit, um eine Frau auf Wikipedia sichtbar zu machen. Natürlich hast du die Relevanzkriterien abgecheckt und den Eintrag mit entsprechenden Quellen belegt – so dass die Frauenbiografie kurze Zeit auf der wichtigsten Informationsplattform der Welt freigeschaltet wird. Doch ein halbes Jahr später wird deine Arbeit plötzlich zunichte gemacht: Der Eintrag auf der Online-Enzyklopädie fällt einer Löschaktion zum Opfer. Das ist Realität. Denn auf Wikipedia werden nicht nur täglich neue Artikel erstellt, sondern auch bestehende bearbeitet oder eben mangels Relevanz gelöscht.
Einige dieser Artikel verschwinden dann unbemerkt irgendwo im Nirgendwo. Nicht aber jener von LGBTQ-Expertin Anna Rosenwasser. Denn Patrizia Laeri, Moderatorin und Mitgründerin vom Edit-a-thon «Frauen für Wikipedia», lässt sich von dieser Löschung, die einen Tag vor dem digitalen Schreibevent geschehen ist, nicht unterkriegen.
Hartnäckig bleiben
Mit dem Problem, dass insbesondere Frauenbiografien nachträglich von irgendwelchen Wikipedianer:innen gelöscht werden, steht das Organisationsteam vom Edit-a-thon nicht alleine da. Solche Schreibanlässe finden weltweit statt. Muriel Staub, Präsidentin von Wikimedia Schweiz, erklärt, wie sie mit solchen Aktionen umgeht: «Wir geben nicht auf, es gibt die Möglichkeit, eine Löschprüfung zu beantragen.» Ausserdem gebe es Wege, wie eine solche Löschung schon von Beginn an verhindert werden kann. «Wir können gar nicht früh genug im Artikel aufzeigen, weshalb eine Person für Wikipedia relevant ist. Am besten gleich im ersten Satz beziehungsweise im ersten Abschnitt.»
Wichtig sei es auch, darauf zu achten, dass ein Artikel nicht bereits existiere – beispielsweise unter anderem Namen. Es ist also eine ziemliche Challenge, bis so eine Biografie steht. Und trotzdem haben sich auch bei diesem Edit-a-thon einige Neulinge unter die Schreibenden gemischt. 61 Prozent der Teilnehmer:innen sind zum ersten Mal dabei, wie Gastgeberin und Leiterin Digital der Blick-Gruppe bei Ringier, Katia Murmann, bemerkt.
Ziele verfolgen
«Dieses Mal wollen wir die 500er-Marke knacken», so die klare Vorgabe der Initiantinnen. An den vergangenen sechs Schreibevents von SRF, Ringier und Wikimedia Schweiz sind schon 450 Artikel über Frauen zusammengekommen. Mit diesem Engagement wollen die beteiligten Medienschaffenden den Gender-Gap auf der Wissensplattform systematisch abbauen. Denn Einträge über Frauen machen auf Wikipedia nur gerade 14 Prozent aller Artikel aus. Eine klare Unterrepräsentation, die Muriel Staub durchaus bewusst ist.
Sichtbar werden
Unter die Autorinnen und Autoren des siebten Edit-a-thon «Frauen für Wikipedia» haben sich auch einige Leute gemischt, die einen eigenen Wikipedia-Eintrag haben. So zum Beispiel auch SRF-Moderatorin Barbara Lüthi. Sie erzählt, dass ihr die Sichtbarkeit von Frauen im Medienalltag immer wieder zu schaffen mache. Sie sei sich von ihrer Zeit als Auslandkorrespondentin nicht gewohnt gewesen, Frauen überzeugen zu müssen, vor die Kamera zu treten. In Asien habe sie viel mehr Frauen interviewt – das sei dort eine Selbstverständlichkeit gewesen. Doch beim «Club» bedürfe es zusätzlichen Anstrengungen, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bei den Expert:innen zu erreichen. Dieses Problem kennen auch andere Redaktionen. Aus diesem Grund wurde beispielsweise vor einem Jahr die Initiative «chance 50:50» bei SRF eingeführt.
Auch in der Abteilung von SRF-Kulturchefin Susanne Wille wird täglich gemessen, wie viele Expert:innen in den Sendungen zu Wort kommen. Dass seit dem siebten Edit-a-thon insgesamt 53 Frauenbiografien mehr auf Wikipedia auffindbar sind, kommt dem Projekt «chance 50:50» also sehr entgegen.
Text: Dennis Frick
Bild: SRF/Oscar Alessio
Videos: SRG Insider
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