«Nachgefragt»: Wie hebt sich die SRG von internationalen Streamingplattformen ab?

Wir rüsten uns schon jetzt für einen Serienmarathon! Mit dem SRG-Projekt «Fiktion 2020+» werden nämlich mehr Sendeplätze mit Eigen- beziehungsweise Koproduktionen belegt. Durch die Erhöhung der Serienanzahl hat die SRG die Möglichkeit, gewagtere Serien als bisher zu produzieren. Wir haben bei Sven Wälti, Leiter Film bei der SRG, nachgefragt, wie sich die SRG von den internationalen Streamingplattformen abgrenzen kann.

Die SRG will mehr Schweizer Serien produzieren. Weshalb?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Erzählform ist anders als bei einem 90-minütigen Film. Es bleibt mehr Zeit, Geschichten und ihre Figuren zu entwickeln und einen Spannungsbogen über mehrere Folgen zu gestalten. Bislang konnten wir nur drei bis vier Serien pro Jahr produzieren. Ziel ist es, die Anzahl Serien längerfristig zu verdoppeln. So können wir das Publikum mit Geschichten aus unserem Land noch häufiger und besser erreichen. Das macht sonst niemand in der Schweiz. Gleichzeitig stärken wir die Schweizer Filmbranche, wenn wir mehr Serien produzieren. Alle profitieren davon: Schauspielerinnen, Filmtechniker und die filmtechnischen Labors. Auch die Drehbücher werden besser, wenn mehr geschrieben wird.

2020 stehen mit «Wilder 2», «Quartier des banques 2», «Helvetica» und «Cellule de Crise» gleich vier Thriller auf dem Programm. Setzt die SRG bewusst auf dieses Genre?
Es wäre zu simpel, diese Serien auf ein Genre zu reduzieren. Die Serien unterscheiden sich thematisch klar. «Wilder 2» hat starke Crime-Elemente, «Quartier des banques 2» spielt im Bankenmilieu und ist gleichzeitig ein Familiendrama. Aber ja, Thriller und Drama sind beliebte Genres, die wir natürlich gerne bespielen.

Wir haben den Zenit noch lange nicht erreicht.

Sven Wälti, Leiter Film bei der SRG

Produzieren SRF und RTS Serien wie «Wilder 2» oder «Helvetica» alleine?
Alle unsere Serien werden von unabhängigen Produzenten gemacht. Auch schreiben externe Autorinnen und Autoren die Drehbücher. Wir sind sogenannte Koproduzenten, das heisst, wir finanzieren die Serien zu einem grossen Teil und begleiten die Projekte redaktionell während der ganzen Entwicklungsphase.

Netflix allein hat 2019 rund 30 eigenproduzierte Serien lanciert. Ist der Schweizer Markt nicht schon übersättigt mit Serien?
Wenn man den internationalen Markt anschaut – es gibt ja nicht nur Netflix –, mag das zutreffen. Man findet aber auf keiner dieser Plattformen Schweizer Serien. Wir haben den Zenit noch lange nicht erreicht. Mit unseren Serien können wir uns von den internationalen Streaming-Plattformen abgrenzen und unserem Publikum einen Mehrwert bieten.

Welches Zielpublikum will die SRG mit ihren Serien ansprechen?
Möglichst alle, von Jung bis Alt! Serien kosten viel, deshalb liegt der Fokus auf der Primetime. Damit wollen wir ein breites Publikum erreichen. Es soll aber auch Serien geben für ein jüngeres Publikum, wie «Seitentriebe» von SRF oder die geplante Webserie «Metta da fein» von RTR, die im Herbst 2020 auf der neuen SRG-Plattform lanciert wird. Indem wir die Serienanzahl erhöhen, werden wir auch Möglichkeiten haben, gewagtere Serien als bisher zu produzieren.

Welches ist dein persönliches Serien-Highlight, das 2020 ausgestrahlt wird, und wieso?
Ich freue mich auf alle neuen Schweizer Serien, die 2020 ausgestrahlt werden. Das wird richtig gut. Wir hatten kürzlich eine Doppelpremiere am internationalen Festival GIFF in Genf mit den zweiten Staffeln von «Wilder» von SRF und «Quartier des banques» von RTS. Die beiden Serien kamen beim Publikum sehr gut an, und wir haben damit definitiv den Röstigraben überwunden. Ich bin auch sehr gespannt auf die historische Serie «Frieden», geschrieben von Petra Volpe («Die göttliche Ordnung»). Es ist die erste Serie, die mit dem französisch-deutschen Sender Arte koproduziert wurde. Das ist eine schöne Anerkennung und verschafft der Serie gleichzeitig internationale Beachtung. Und ich kann es kaum erwarten, dass die fünfte Staffel der US-amerikanischen Serie «Better call Saul» herauskommt. Meine absolute Lieblingsserie ausserhalb der Schweiz ...

Sven Wälti ist bei der SRG auf nationaler Ebene für den «Pacte de l’audiovisuel» verantwortlich und sorgt insbesondere dafür, dass dieser korrekt umgesetzt wird, dass die Budgets eingehalten werden und dass die SRG den Kontakt mit den Partnern pflegt. Der «Pacte de l'audiovisuel» setzt die Rahmenbedingungen für Koproduktionen der SRG mit unabhängigen Filmproduzentinnen und -produzenten.

Ab Herbst 2020 wird die SRG einen grossen Teil ihres Programms nach Themen geordnet und in allen Sprachen auf einer nationalen Online-Plattform anbieten. Wenn du gwundrig bist, welche Serien du auf dem Streamingportal zu sehen kriegst, haben wir hier einen kleinen «Sneak Peek» für dich!

Interview: Anna Sterchi/Barbara Kobelt
Titelbild: RTS
Bild Sven Wälti: SRG SSR

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